Die Kathedrale des Flamenco in Madrid – 1921
Zu dieser Zeit hatte sich bereits die Figur des Don Antonio Chacón etabliert – ein Cantaor aus Jerez, der das gesamte flamencohistorische Erbe der großen Meister des 19. Jahrhunderts wie Silverio oder Enrique „El Mellizo“ in sich vereinte, jedoch mit einer neuen Ästhetik auftrat und sich von der traditionellen Bandolero-Darstellung entfernte.
Meister Chacón verkörperte ein kultiviertes und elegantes Bild, gestützt auf seine feine Art, tiefes Wissen über den Flamenco und eine vornehme Erziehung.
Don Antonio Chacón verfügte über eine Stimme und Technik, die mit der eines lyrischen Tenors vergleichbar war. Durch sein musikalisches Talent und seine Kreativität spielte er eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung einer neuen Art, Flamenco zu interpretieren und zu verstehen. Er verfeinerte bestehende Techniken und machte Stile wie die Malagueña, Granaína, levantinische Formen und amerikanische Milongas populär.
Im Jahr 1921 wurde die Gesellschaft zwischen Torres und Pajares aufgelöst, sodass letzterer alleiniger Eigentümer des Lokals wurde. Pajares nutzte die Bekanntheit Chacóns, um ihm den Veranstaltungsort anzubieten und unterzeichnete mit dem Maestro einen lebenslangen Vertrag, der ihn dauerhaft an das Tablao band.
Die Verpflichtung des als König des andalusischen Flamenco-Gesangs bekannten Sängers, zusammen mit dem renommierten Gitarristen Ramón Montoya aus Madrid, zog die besten Tänzer, Gitarristen und Sänger an – und mit ihnen ein Publikum aus der gesellschaftlichen Elite.
Die Eröffnung war ein Fest zu Ehren Chacóns, organisiert vom Grafen von Los Andes, einem leidenschaftlichen Flamenco-Freund. An der Gitarre begleitete Ramón Montoya, gesungen wurde außerdem von Manolo Pavón.
Don Antonio präsentierte sein umfangreiches Repertoire vor einem Publikum voller Würdenträger – es heißt, es waren 21 Adelstitel anwesend und die Plaza de Santa Ana war voll von mit Wappen versehenen Kutschen.
In dieser Zeit traten im Colmado alle großen Flamenco-Sänger jener Epoche auf: Manuel Escacena, Fernando el Herrero, Pepe de la Matrona, Bernardo el de los Lobitos, La Niña de los Peines, Manuel Torre, Pepe Marchena… sowie Gitarristen wie Miguel Borrull, Manolo de Huelva, Pepe de Badajoz und viele mehr.
Von diesem Moment an hallte das Tablao wider von den unvergleichlichen Stimmen der besten Flamenco-Interpreten und der Virtuosität ihrer Gitarristen. Es wurde zu einem Ort der Begegnung, an dem sich etablierte Meister mit aufstrebenden Talenten abwechselten – der Beginn einer neuen Ära: der sogenannten Ópera Flamenca…
So begann die Legende dessen, was zur Kathedrale des Flamenco in Madrid werden sollte.